Der Orgastreik

Der Orgastreik hat bei den Piraten letzte Nacht für Aufruhr gesorgt. Twitter explodierte plötzlich. Der als “Warnstreik” deklarierte Eingriff hat für mich eine vertretbare Seite und eine Seite, die einfach daneben ist. Vertretbar ist: Redet vernünftig miteinander. Reflektiert euch. Nicht vertretbar ist, dass ein politisches Anliegen mit eingebracht wurde. Denn hier ertönt dann zurecht der Vorwurf einer Erpressung, der dann das Anliegen verwässert um das es eigentlich gehen sollte.

Begrifflichkeit

Ein Streik ist eine kollektive Arbeitsniederlegung zur Erreichung eines Ziels. Ein Streik darf und sollte unangenehm sein. Aktiv Dienste abzuschalten ist allerdings kein Streik. Bei Kritik an der Aktion auf Gewerkschaften zu verweisen ist also wenig zielführend, da einfach die Vergleichbarkeit fehlt. Ja, es gibt viele Argumentationen, die das ganze als legitime Aktion hinstellen. Und ohne konkrete politische Forderungen würde ich denen vielleicht sogar zustimmen, aber dies Ausführung ist halt einfach schief gelaufen. Der Text ist nicht neutral, Streik geht anders, Deeskalation geht anders.

Erpressung?

Der große Fehler, der beim Orgastreik gemacht wurde war es, eine politische Forderung mit aufzunehmen. Hätte sich der Orgastreik darauf begrenzt zu sagen, dass wir unseren Umgang miteinander reflektieren sollen, ja, das hätte ich glaube ich sogar für ok befunden. Aber Statements dabei mit einzufordern? Auf EIN Gate zu verweisen und hinterher sagen, es ginge nicht um das Gate? Politischen Druck ausüben als kleine Gruppe auf den Rest der Partei? Nein, das geht nicht. Das geht gar nicht. Und ich weiß, vielen von euch ging es vermutlich nur darum, auf den Umgang hinzuweisen. Das werden aber die meisten nicht so auffassen. Und dadurch ist das Ganze momentan in dieser Form nicht ok.

Ich weiß nicht, wie lange der “Warnstreik” noch anhalten soll, aber grundsätzlich müsst ihr, wenn es euch wirklich nur um das Problem des Umgangs zueinander geht, das hervorstellen. Passt den Text an. Nehmt die Stellungnahmen raus. Äußert euch dazu. Legt den Fokus auf den Umgangston. So in dieser Form regen sich Menschen zu Recht über die Aktion auf. und so wird das ganze ins Leere verlaufen, Vertrauen kosten und einfach nur Dinge kaputt machen.

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5 thoughts on “Der Orgastreik

  1. Ein bloßer Aufruf zu besserem Umgangston wäre völlig sinnlos gewesen, da sich davon niemand angesprochen fühlt.

  2. Hast du das Schreiben überhaupt gelesen? Da stehen sehr viele Forderungen drin, auch politische, logisch, das ist eine Partei, und es wird mitnichten nur auf ein “Gate” verwiesen. Das ist nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Deshalb steht da auch drunter: “die seit Monaten nur noch kopfschüttelnd zugucken”. Seit Monaten!

    Falls du das tatsächlich als Erpressung verunglimpfst und ignorierst, reche bitte damit, dass diejenigen, die dort bisher gerne und freiwillig ihre Arbeit gemacht haben, in Zukunft sinnvolleres mit ihrer Zeit machen werden. Sie sind nicht bereit, ihre Zeit zu opfern für eine Partei, die sich selbst so präsentiert und strukturiert – und genau deshalb ist es ein absolut legitimer Warnstreik. Er bedeutet soviel wie: “Ändert was, oder wir sind weg.”

    1. Dann wäre ein Verweis auf mehrere verschiedene Gates angebrachter gewesen. So ist es eine politisch einseitige Sache. Das macht auch das “seit mehreren Monaten” nicht wett.

      1. Das Wort “Gate” kommt im Statement genau zweimal vor: “mehr Beschäftigung mit Themen anstelle von Gate-Tourismus” (das ist also sehr allgemein und bezieht sich mitnichten auf ein einzelnes “Gate”) und als P.S. und Aussicht “Wir wünschen uns vor allem, dass wir wieder produktiv zusammen arbeiten können. Wir möchten uns,wenn alle wieder ein bisschen runtergefahren haben, unter #nixgate darüber verständigen, wie das in Zukunft geschehen soll.” – damit ist ein ganz anderes “Gate” gemeint, ein negiertes nämlich. Ich kann da nichts entdecken, was einseitig wäre – außer vielleicht eine Deutung des Schreibens, die sich leider als scheinbar allgemeingültige (gleichwohl grob vereinfachende) Sichtweise durchgesetzt hat. Natürlich gibt es eine zeitliche Nähe zu einem bestimmten Ereignis, aber das war ja auch nur eben jenes, das dann das Fass zum überlaufen brachte. Und diese zeitliche Nähe sollte nicht zur Versuchung führen, die Nachricht darauf zu reduzieren.

        Es ist peinlich, wenn die Piraten ständig irgendeiner Sau hinterherjagen, die gerade mit dem meisten Getöse durchs virtuelle Dorf getrieben wird. Als ob es keine Themen gäbe, die konstanter Aufmerksamkeit bedürften… wartet man ständig auf den nächsten Affekt, um ihm nachzugeben und sich noch mehr zu empören als die anderen? So wie man sich jetzt über den Warnstreik hochschaukelt bis zur Besinnungslosigkeit?

        Es wäre schön, wenn man den Warnstreik als das nimmt, was er ist – ein Warnstreik, temporär und wirkungsvoll. Dann sollte man zügig zur Tagesordnung übergehen – und die Warnungen mitnehmen. Wenn aber der Warnstreik jetzt das nächste laut beschrieene Hauptthema wird, wurde die Nachricht wieder nicht verstanden. Es geht eben im Gegenteil darum, endlich eine ordentliche und konstante politische Arbeit zu machen, nicht laut, aber solide, nicht sprunghaft, sondern zielgerichtet, nicht aktionistisch, sondern produktiv. Es geht nicht darum, möglichst spektakulär in den Medien aufzutauchen, sondern möglichst seriös beim Bürger anzukommen. Schließlich haben die Piraten Ideen und Vorstellungen, mit denen sie sich eigentlich nicht verstecken müssen – aber genau das tun sie, sie werden verstecken hinter den tolerierten und gefeierten und umstrittenen Einzelaktionen, die mit ihrem Spektakel das Erscheinungsbild der Piraten übertünchen. Die Piraten sind kein Aktionsbündnis, das immer nur auf spektakuläre Aktionen aus ist… dafür braucht man keine Partei, jedenfalls keine, die ernsthaft gewählt werden will.

  3. Der #orgastreik war seit langem die erste konstruktive Aktion der Piraten! Ansonsten nur Generve, widerliche Gates, komplett ausgetickte Aktionsformen, Abdriften in politische Richtungen weitab von den Gründerzeiten. ich hab Euch früher gewählt, aber damit ists vorbei, denn ich fühle mich einfach nicht mehr vertreten.
    Die Streikenden gehören offenbar zum alten Kern der Partei, friedliche Nerds, die sich um Netzthemen kümmern wollten und nicht um Unterstriche/Neusprech und militante Antifa-Sachen.
    Die Piratenpartei ist ein neues und drastisches Beispiel dafür, dass “Basisdemokratie” in der “jeder-darf-alles-machen”-Manier nicht funktioniert. Ihr seid ja überhaupt nicht in der Lage, mittels irgendwelcher Strukturen auf die Vorgänge in der Partei zu reagieren – es gibt nur die Shitstorms und allerlei sich privat verständigende Gruppierungen abseits jeglicher Transparenz.

    Eine SMV online – das wäre Eure letzte Chance gewesen. Leider habt Ihr sie nicht ergriffen und jetzt ist es zu spät.

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