Alice Schwarzer wechselt die Seiten – Thema: Prostitution und Menschenhandel

Am 16.12.2012 lud Günther Jauch zu einer Talkrunde zum Thema “Tatort Rotlichtmilieu – wie brutal ist das Geschäft mit dem Sex?”. Eingeladen waren hierzu unter anderem: Renate Künast, Christian Zahel, LKA Niedersachsen, eine ehemalige Prostituierte, der Inhaber des “größten Bordells Europas” und Alice Schwarzer.

Die Show wurde eingeleitet mit einem Ausschnitt aus dem Tatort. Hier wurde eine Frau dargestellt, die nachdem sie “gehandelt” wurde in den Müll geschmissen wurde. Grauenvolle Szenen, die leider in der Realität auch so stattfinden. Für Spannung war zunächst also gesorgt, denn die Bekämpfung von Menschenhandel ist eine wichtige und interessante Sache.

Die Zusammensetzung der Gäste ließ die Freude auf eine informative Debatte jedoch sehr schnell verpuffen. Der Tonus der Sendung war bereits nach wenigen Minuten klar: Dies wird keine Diskussion, dies wird eine Predigt. Und gepredigt wird: Prostitution ist das Böse.

Anstrengendster Teil der Sendung: Ganz klar Alice Schwarzer.

Frau Schwarzer hat in den letzten Jahrzehnten die Frauenbewegung massiv unterstützt. Das in Frage zu stellen ist nicht meine Absicht, denn was Alice in der Vergangenheit geleistet hat war durchaus zu großen Teilen wichtig. Leider geht aber anscheinend die Zeit an ihrem Denken spurlos vorbei. Festgefahren in ihren vor zig Jahren festgelegten Maximen wettert sie kontraproduktiv gegen alles, was nicht ihrer Meinung ist und schreckt hierbei auch nicht vor offenen Beleidigungen innerhalb der Talkshow zurück.

Was genau meine ich nun, wenn ich in der Überschrift schreibe “Alice Schwarzer wechselt die Seiten”? Nun, die bereits erwähnte Festgefahrenheit macht es ihr unmöglich sachlich über Dinge zu diskutieren. Dies hat zur Folge, dass es plötzlich Frau Schwarzer ist, die Menschen diskriminiert und diffamiert. Denn Prostituierte haben aus ihrer Sicht ganz klar ihre Menschenwürde verloren.

Doch das Geschrei aus Frau Schwarzer Richtung war zu erwarten. Viel enttäuschender empfand ich die Tatsache, dass überhaupt nicht über das eigentlich Thema diskutiert wurde. Durchgängig wurden zwei Dinge miteinander vermischt: Das Prostitutionsgesetz, welches legale Prostitution betrifft und Menschenhandel, der mit ersterem nicht viel zu tun hat. Für Frau Schwarzer sind diese Dinge jedoch untrennbar. Doch, was erwartet man an dieser Stelle von einer Frau, die einvernehmliche Sexualpraktiken – wie beispielsweise BDSM – mit Faschismus in Verbindung bringt.

Das eigentlich Problem wurde nur am Rande in den letzten zwei Minuten angeschnitten. Es ist nicht so, dass die Polizei nicht die Möglichkeit hätte illegale Geschäfte auffliegen zu lassen. Im Gegenteil, Etablissements werden in großem Stil aufgelöst. Das Problem an der Sache: Die aufgeflogenen “illegalen” Damen – und seltener Herren – können gegen ihre Peiniger nicht aussagen, da die Rechtslage vorsieht, die Opfer ohne Aufenthaltsrecht unverzüglich abzuschieben.

Hieraus ergeben sich vielerlei Ansätze zur Bekämpfung des Problems. Wichtigste Basis: Die Betroffen brauchen MINDESTENS ein temporäres Bleiberecht. Wird die lokale Struktur aufgeweicht, wird auch den Händlern die “Arbeit” erschwert. Außerdem werden Stellen benötigt, an die sich Opfer gefahrlos wenden können und an denen ihnen Unterschlupf gewährt wird.

Die Anerkennung der Prostitution als Beruf war kein Fehler. Über Steuern sind bessere Prüfungen und Schutzmaßnahmen denn je möglich. Man müsste diese Dinge lediglich nutzen.

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2 thoughts on “Alice Schwarzer wechselt die Seiten – Thema: Prostitution und Menschenhandel

  1. kleine Korrektur: es gibt in Deutschland bereits die Möglichkeit, als Betroffene*r von Menschenhandel ein temporäres Aufenthaltsrecht/Duldung z bekommen (genaueres kann ich aufm Handy grade nicht raussuchen), allerdings *nur* für die Dauer des Verfahrens gegen die Täter. danach wartet weiterhin die Abschiebung.

    1. Hmm, könnte es sein, dass es sich bei der Regelung um Ländersache handelt? Meines Wissens nach wurde das zumindest in Bremen mal als schwerwiegendes Problem genannt.
      Und falls das so richtig ist: Wenn im Nachhinein die Abschiebung wartet, dürfte das immer noch fleißig verhindern, dass Betroffene Menschen sich melden. :/

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